29. Sonntag im Jahreskreis (A) 2005                                                                              www.puntopace.net

«Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!» scheint eine der eindeutigsten Wendungen des Evangeliums, dennoch ist sie eine der am meisten missverstandenen. Zunächst handelt es sich nicht einfach um „geben“, sondern um zurückgeben. Außerdem könnte der Anschluss an Jesajas Text, der von der Berufung eines großen politischen, sogar heidnischen Souveräns (Kyros) durch Gott spricht, irreführend sein, zu folgendem Irrtum führen: Wenn irgendeine Autorität von Gott verliehen wird, muss man sich ihr unterwerfen wie Gott selber. Nicht von ungefähr ist die Berufung auf dieses Prinzip seitens der Kaiser und Herrscher die Wiege manches Absolutismus gewesen. Aber dieser Abschnitt bei Jesaja will das Gegenteil hervorheben: « Ich bin der Herr und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott. Ich habe dir den Gürtel angelegt, ohne dass du mich kanntest, damit man vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang erkennt, dass es außer mir keinen Gott gibt. Ich bin der Herr und sonst niemand» (Jes. 45, 5-6). Auch der o.a. Spruch Jesu ist als Hinweis auf den Monotheismus zu verstehen. Niemand kann sich für göttlich halten, weil nur ein Einziger Gott ist und nur ihm darf man solche Ehre geben, die von herrschenden Despoten usurpiert wurde, wie von den römischen Kaisern, die sich zur Ehre Cäsars nicht nur Cäsar nennen ließen, sondern auch göttlich und Söhne Gottes. Die abgebildete Münze trug das Bild und die Inschrift ähnlicher Titel. Nun sei sie dem zurückzugeben, der sie prägen ließ. Das heutige Evangelium unterstützt deshalb keinen Absolutismus, sondern kritisiert und entmythologisiert ihn, ähnlich jener anderen Worte Jesu: «Die Könige regieren ihre Völker, und jene, welche Macht über sie besitzen, lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber sei es nicht so! Der Größte unter euch werde wie der Geringste, und der Führer wie ein Diener» (Lukas 22, 25-26). 

«Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist,  
und Gott, was Gottes ist»,
weil der Kaiser wahrlich nicht Gott ist

auch wenn er Verlangen spürt, ein solcher zu sein,

und man Gott mit keiner Münze kaufen kann!
Das ist Dein Urteilsspruch,

der jede Sache wieder auf ihren Platz rückt

und uns lehrt, keine Vermengungen

und keine unreinen Mischformen zu produzieren.

 

Aber haben wir das verstanden, Jesus?

Anscheinend gerade dann nicht,

wenn die Autorität verlangt hat,

sich jeder Prophezeiung zu entziehen,

gleich jenen Verwaltern des Heiligen,

die freie Hand verlangen

und sich so als Herren aufspielen.
Beiden zeigt Deine Antwort den rechten Weg,
und zwar, nur Gott als Absoluten anzuerkennen,
jeden Caesaren zu entmythologisieren,

ebenso seine Gelder und jede andere Macht,
die nicht dem Dienst am Menschen gewidmet ist.

 (GM/16/10/05)

Matthäus (22,15-22) Damals kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person. Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Als sie das hörten, waren sie sehr überrascht, wandten sich um und gingen weg.  

Jesaja (45, 1-6): « So spricht der Herr zu Kyros, seinem Gesalbten, den er an der rechten Hand gefasst hat, um ihm die Völker zu unterwerfen, um die Könige zu entwaffnen, um ihm die Türen zu öffnen und kein Tor verschlossen zu halten: Ich selber gehe vor dir her und ebne die Berge ein. Ich zertrümmere die bronzenen Tore und zerschlage die eisernen Riegel. Ich gebe dir verborgene Schätze und Reichtümer, die im Dunkel versteckt sind. So sollst du erkennen, dass ich der Herr bin, der dich bei deinem Namen ruft, ich, Israels Gott. Um meines Knechtes Jakob willen, um Israels, meines Erwählten, willen habe ich dich bei deinem Namen gerufen; ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne dass du mich kanntest. Ich bin der Herr und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott. Ich habe dir den Gürtel angelegt, ohne dass du mich kanntest, damit man vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang erkennt, dass es außer mir keinen Gott gibt. Ich bin der Herr und sonst niemand».