1. Adventssonntag Jahreskreises B (2008)                                                                     www.puntopace.net       

 Wir sind schon in der Adventszeit, das heißt wir warten auf das Ankommen (ad-ventum aus venire) Jesu. Wir erwarten ihn eigentlich für das Weihnachtsfest, und doch erwarten wir ihn in Bezug auf unsere Existenz für das Ende unseres Lebens, und in Bezug auf die menschliche Geschichte für das Ende aller Zeiten. Tatsächlich erwarten wir sein Kommen zu uns bei jeder Gelegenheit und in jedem Augenblick unseres Lebens.  Der intensive Ruf Jesajas „Reiß doch den Himmel auf und komm herab, sodass die Berge zittern vor dir“ (s. erste Lesung) ist nichts anderes als der immer neue Ruf aus der Tiefe unserer Einsamkeit heraus, auf das seine Anwesenheit uns erreiche. Und doch geschieht es bald, geschieht es jedes Mal, ohne dass die Berge zittern. Wenn wir endlich ein solches Ankommen wahrnehmen, zittert aber unser Herz. Genau wie es einem Rabbi geschah, als er in einem fremden Dorf an keiner anderen Stelle eine Unterkunftsmöglichkeit fand als in einer stinkenden Gasse der Ledergerber. Da er wegen der stinkenden Ledergerberei nicht einmal beten konnte, flüchtete er sich in die Synagoge. Hier verstand er endlich, dass die Anwesenheit Gottes (die so genannte Shekinah) sich im Exil befand, da sie in der Gerbergasse verlassen worden war. Sobald er das feststellte, schlug das Herz ihm heftig und er weinte mit so einer Intensität, dass er in Ohnmacht fiel. Dann erschien die Shekinah ihm in ihrer Herrlichkeit und sagte ihm: «Sei mutig, mein Sohn! Obwohl viel Leiden vor dir steht, fürchte dich nicht! Denn ich werde bei dir bleiben!». Wir alle sind eingeladen, nach jener Anwesenheit zu suchen und sie unter uns wahrzunehmen, die nun einen Namen und ein Gesicht hat: Jesus Christus!

 

 

Das Foto zeigt Ledergerber im heutigen Marokko.

 

 

 

   GEBET

 Jesus, Du forderst uns auf, immer noch zu wachen.
 Erneut befehlst Du es am Anfang
 und am Ende dieser Jahre, die bald vorübergehen,
 während wir wieder auf eine Weihnacht warten
 und lächeln, wenn wir unsere Strassen beleuchtet
 und die Leute beschäftigt und uns selbst überrascht
 sehen wegen einer Überraschung, die seit so vielen Jahren weiter geht, so viele wir mit uns tragen…
 Vielleicht wird unser Herz zucken
 in der Nacht aller Nächte, wenn wir Dich dort
 wieder finden werden, wo wir nie gesucht hätten.
 Aber jedenfalls, bitten wir Dich darum:
 komm uns entgegen im Alltag,
 der viel härter und platt ist,
 so dass wir riskieren, unsere Gedanke und unsere Herzen einschlafen zu lassen.
 Halte uns wach und gib, dass wir
 während unseres ganzen,
 als eine einzige Adventszeit entdeckten Lebens,
 Dich gespannt und darauf freuend, erwarten.
 Amen!
(GM/30/11/08) 

 Markusevangelium (13,33-37)  33 Seht euch also vor und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. 34 Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. 36 Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Jesaja (63,16-19; 64,1-7) 16 Du bist doch unser Vater; / denn Abraham weiß nichts von uns, Israel will uns nicht kennen. / Du, Herr, bist unser Vater, / «Unser Erlöser von jeher» wirst du genannt. 17 Warum lässt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren / und machst unser Herz hart, / sodass wir dich nicht mehr fürchten? Kehre zurück um deiner Knechte willen, / um der Stämme willen, die dein Eigentum sind. 18 Erst vor kurzem haben unsere Feinde dein heiliges Volk vertrieben; / dein Heiligtum haben sie zertreten. 19 Uns geht es, als wärest du nie unser Herrscher gewesen, / als wären wir nicht nach deinem Namen benannt. Reiß doch den Himmel auf und komm herab, / sodass die Berge zittern vor dir. (64) 1 Komm wie ein Feuer, das Reisig entzündet, / wie ein Feuer, das Wasser zum Sieden bringt. Mach deinen Feinden deinen Namen bekannt, / sodass die Völker zittern vor dir, 2 wenn du schreckliche und nie erwartete Taten vollbringst. / [Komm herab, sodass die Berge zittern vor dir.] 3 Seit Menschengedenken hat man noch nie vernommen, / kein Ohr hat gehört, kein Auge gesehen, dass es einen Gott gibt außer dir, / der denen Gutes tut, die auf ihn hoffen. 4 Ach, kämst du doch denen entgegen, / die tun, was recht ist, / und nachdenken über deine Wege. Ja, du warst zornig; / denn wir haben gegen dich gesündigt, / von Urzeit an sind wir treulos geworden. 5 Wie unreine (Menschen) sind wir alle geworden, / unsere ganze Gerechtigkeit ist wie ein schmutziges Kleid. Wie Laub sind wir alle verwelkt, / unsere Schuld trägt uns fort wie der Wind. 6 Niemand ruft deinen Namen an, / keiner rafft sich dazu auf, fest zu halten an dir. Denn du hast dein Angesicht vor uns verborgen / und hast uns der Gewalt unserer Schuld überlassen. 7 Und doch bist du, Herr, unser Vater. / Wir sind der Ton und du bist unser Töpfer, / wir alle sind das Werk deiner Hände.